Trichotillomanie Hilfe Koblenz

Trichotillomanie Hilfe Koblenz

Wohl jeder hat schon einmal tagträumend an seinen Haaren gezogen oder sie beim Nachdenken um einen Finger gewickelt. Vor allem Frauen zupfen aus kosmetischen Gründen auch das eine oder andere störende Gesichtshaar aus. Dass sich aber jemand täglich, und das manchmal über Stunden hinweg, Haare ausreißt, bis der Kopf von kahlen Stellen übersät ist, scheint zunächst kaum vorstellbar. Grundmerkmal der Störung: ein mindestens phasenweise kaum kontrollierbarer Drang, sich einzelne Haare oder auch Haarbüschel auszureißen. Ein Teil der Betroffenen wählt diese gezielt aus, beispielsweise dicke, graue, abstehende oder sich unregelmäßig anfühlende Haare. Andere zupfen unbewusst und automatisch und bemerken dies erst später; viele nehmen beim Ausreißen keinen Schmerz wahr. Typisch für Trichotillomanie ist auch das Spielen mit den ausgerissenen Haaren. Die Betroffenen streichen damit über die Lippen, nehmen sie in den Mund oder ziehen die Haare durch die Finger. Häufig kommen bei ein und derselben Person mehrere dieser Merkmale vor: beispielsweise wenn jemand vor dem Fernseher und beim Lesen Haare automatisch ausreißt, während er morgens und abends vor dem Badezimmerspiegel einzelne davon gezielt auszupft.

Ängste, soziale Hemmungen, Schwierigkeiten beim Wahrnehmen und Ausdrücken von Emotionen sowie depressive Verstimmungen sorgen bei vielen Patienten dafür, dass die Symptomatik bestehen bleibt. Die mit diesen Problemen einhergehende vermehrte innere Anspannung hält die Impulse zum Haareausreißen aufrecht. Oft kommt dann noch schlichte Gewohnheit hinzu: Das Ausreißen von Haaren wird zu einem Alltagsritual, beispielsweise beim Autofahren, Lesen oder Telefonieren. Es läuft unbewusst und automatisiert ab, ohne konkrete Auslöser.

Trichotillomanie (auch Trich, Tricho oder TTM) ist die medizinische Bezeichnung für den Zwang, sich selbst die Haare auszureißen. Meist handelt es sich dabei um die Kopfhaare, oft sind auch Wimpern oder Augenbrauen betroffen. Aber auch alle anderen Haare (Bart, Schamhaare etc.) können bevorzugte Stellen zum Reißen sein.
Die meisten Trichotillomanie fälle beginnen in der Pubertät, zwischen dem 12. und 15. Lebensjahr. Aber auch bei jüngeren Kindern kann Trichotillomanie auftreten.

Der Begriff wurde 1887 durch den französischen Dermatologen François Henri Hallopeau (1842–1919) geprägt, das Erscheinungsbild selbst jedoch lange Zeit als schlechte Gewohnheit fehlinterpretiert. Erst Ende des 20. Jahrhunderts wurde die Trichotillomanie als eigenständiges Krankheitsbild, nämlich als komplexe psychische Störung mit spezifischen Symptomen, Begleiterscheinungen und Begleiterkrankungen erkannt und dementsprechend 1987 in die revidierte Version der dritten Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-III-R) und 1991 in die ICD-10 aufgenommen. Mit der neuen DSM-5 Klassifikation wird die Trichotrillomanie als Zwangsspektrumsstörung in die Gruppe der „Zwangsstörung und verwandten Störungen“ eingeordnet.

 

Trichotillomanie Hilfe Koblenz - Haare ausreißen

Mögliche Ursachen

In den jeweiligen Einzelfällen können sehr unterschiedliche Auslöser zu einer Trichotillomanie führen: traumatische Erlebnisse wie der Tod einer nahestehenden Person, Missbrauchserfahrungen jeder Art oder andere schwerwiegende Ereignisse. In vielen Fällen sind es allerdings viel subtilere Geschehnisse im Familien- und Sozialbereich der Betroffenen, die zu einem verminderten Selbstwertgefühl führen und eine Trichotillomanie auslösen können. Als weiterer Grund wird eine hohe Stressanfälligkeit und hohe Stressexposition von Betroffenen genannt. Inzwischen gibt es Studien, welche auf eine genetische Prädisposition hinweisen.

 

Behandlung

Eine Notwendigkeit zur Behandlung liegt nicht immer vor. Die Prognose ist im Allgemeinen auch bei schweren Fällen günstig.
Eine Verminderung des Stressniveaus kann durch die Anwendung von Entspannungstechniken wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung, Achtsamkeit, EMDR und Habit Reversal Training erreicht werden.

 

Habit Reversal Training

Das Habit Reversal Training (HRT) von Azrin & Nunn (1973) ist ein verhaltenstherapeutisches Verfahren zur Behandlung einer Vielzahl nervöser Verhaltensgewohnheiten.

Es wird angenommen, dass diese Verhaltensgewohnheiten dann zu Problemen werden, wenn sie ein Teil von Verhaltensketten sind, die teilweise unbewusst ablaufen und sozial toleriert werden. Durch die ständigen Wiederholungen werden die Verhaltensweisen aufrechterhalten.

Das HRT beinhaltet das Erlernen adäquater Selbstwahrnehmung und Unterbrechung von Verhaltensketten durch konkurrierende Verhaltensweisen, Aufbau von Veränderungsmotivation sowie Maßnahmen zur Generalisierung der Fortschritte auf den Alltag. Zuerst soll der Patient eine adäquate Selbstwahrnehmung entwickeln, da der Ausführung der Verhaltensgewohnheiten in der Regel keine Beachtung geschenkt wird. Die Beobachtung des eigenen Verhaltens dient sowohl dazu, die auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen bestimmen zu können, als auch den Klienten für frühe Anzeichen der Verhaltensgewohnheiten zu sensibilisieren, um Verhaltensketten möglichst frühzeitig unterbrechen zu können. Dies kann durch direkte Verhaltensbeobachtungen, systematische Protokollierung (z. B. in Form von HRT -Tagebüchern) geschehen. Die Patienten sollen für gewöhnlich die Häufigkeit, die Dauer und die Rahmenbedingungen des Verhaltens aufzeichnen.

Im zweiten Schritt soll eine Veränderungsmotivation aufgebaut werden, da ambivalente Einstellungen oder Verschleierungsversuche des Problemverhaltens häufig auftreten. Dies geschieht vor allem durch das Durchsprechen der negativen Auswirkungen des Verhaltens und häufige Rückmeldung und Verstärkung von Fortschritten.

Competing Response Training

Die zentrale Komponente des HRT ist das Competing Response Training (dt. Training inkompatibler Reaktionen): Hier werden schließlich Verhaltensweisen eingeübt, die mit dem Problemverhalten inkompatibel sind. Welche Verhaltensweisen das sind, hängt vom Problemverhalten und dem sozialen Kontext ab. Bei Nägelkauen wäre eine inkompatible oder konkurrierende Verhaltensweise beispielsweise das Ballen der Hände zur Faust. Manfred Döpfner (2001) beschreibt Beispiele für inkompatible Reaktionen bei verschiedenen Tics. Diese Verhaltensweisen werden erst im Therapiesetting eingeübt und sollen dann auf den Alltag übertragen werden. Fortschritte und Probleme werden in der Regel täglich besprochen, was auch telefonisch geschehen kann. Wichtig ist häufige Verstärkung des erwünschten Verhaltens, sowie der Anstrengungen und Fortschritte auf dem Weg dorthin.

Die Trichotillomanie tritt in vielen Fällen gemeinsam mit anderen psychiatrischen Störungen wie Depressionen, Angsterkrankungen, anderen Zwängen oder Suchterkrankungen auf. Ist der Fall komplex, ist eine Psychotherapie in jedem Fall ratsam.

Infos zum HRT Training in Koblenz, bitte nur per Mail: KONTAKT

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